Körper, die auf Körper starren


Bei dem Wort Wachsfigurenkabinett denke ich zunächst an Madame Tussauds oder ähnliches. Stars und Sternchen in Wachs mehr oder weniger getreu abgebildet. Doch die Wachsfiguren-Ausstellung, die noch bis April zu sehen gibt, funktioniert auch anders. Es ist ein anatomisches Wachskabinett, welches das Deutsche Hygiene Museum da zeigt. Wachsfiguren sind keine Erfindung der Modernen, um 1900 gab es bereits solche Figuren. Diese, so habe ich nun im Museum gelernt, dienten früher zur (Sexual- und Krankheits-) Aufklärung und nebenbei auch zur allgemeinen volkstümlichen Erheiterung. Auch heute ist das mit der Unterhaltung nicht anders, obgleich alle heute aufgeklärter sind als damals. Viele staunten und guckten interessiert auf die Körper und Körperteile, aber gekichert wurde auch fleißig bei Schulklassen. Besonders bei der Klasse 4c aus Reitzendorf, welche zeitgleich mit mir in der Ausstellung war. Scheu voyeuristische Blicke finden sich hier neben abgewendeten und verekelten Gesichtszügen sowie verzücktem Lächeln. Das Kopfkino läuft auf Hochtouren. Es sind schließlich auch nur Körper, die Körper betrachten. Interessant ist es allemal, bekommt man solche Bilder nicht alle Tage zu sehen.

Beispiel einer hIstorische Wachsfigur. Torso, halb aufgeschnitten.
Beispiel einer hIstorische Wachsfigur (Foto: Manfred Mauz, Tübingen)

Die Ausstellung, die noch bis Mitte April läuft, geht zurück auf den historischen Grundbestand an Wachsfiguren. Die Geschichte der medizinischen Anatomie dient aus Start der Ausstellung und geht dann fließend über in die moderne bis künstlerische Auseinandersetzung mit menschlichen Körpern. Erschütternd, täuschend echt und surreale Körperplastiken gibt es zu sehen. Im Abschluss lädt ein Film, im meditativen Filmraum, die eigene persönliche Sicht auf den eigenen und den fremden Körper vor dem Hintergrund des neuen Wissens zu vertiefen.


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