Wer von Dresden nach Hamburg mit dem Zug fährt, ist gern mal vier bis fünf stunden unterwegs. Ein dickes Buch und viel zu Essen sollte man sich demnach mitnehmen.
Da bei mir eine Zugfahrt in die schöne Hansestadt anstand, war ich guter und vorbereiteter Dinge.
Dank der vielen völlig überteuerten Snackbistros im Bahnhof, habe ich meine Vorräte kreativ zusammen kratzen können. Ich war so glücklich wie überrascht, dass der Zug so pünktlich und geräumig war. Sicherlich bekommt die Bahn einfach zu wenig Lob. Lieblingskind der Negativpresse. So zumindest dachte ich.
Nach Berlin blieb der Zug plötzlich stehen. Die Endhaltestelle war noch fern. Überhaupt war alles sehr fern. Der Zug kam irgendwo im Nirgendwo zum Stehen. Aussteigen ging nicht, die Bahngleise waren von hohen Draht- Zäunen umgeben. Der Grund fürs Halten war eine Bombendrohung. Allen wurde leicht mulmig. Die Stimmung oszillierte zwischen Gleichgültigkeit, Angst und Wut.
Immerhin: Mein Abteil war besetzt von lauter Dresdner! Das habe ich am Dialekt erkannt und einige Male fiel das Wort „Neumarkt“ oder „Altmarktgalerie“. Wir lernten uns schnell alle kennen. Und die Zeit angenehm zu vertreiben wussten wir auch. Wir teilten unser Proviant, unsere Getränke und unsere Erfahrungen. Ich war froh, dass ich reichlich eingepackt hatte. Zum Lesen kam ich natürlich nicht. Irgendwann rief der Lokführer Freigetränke aus. Der Andrang war riesig. Mit jeder Minute wurde es in unserem Abteil netter und lustiger!
Der Zug nahm eine Ersatzroute und kam letzten Endes mit fast 1,5 Stunden Verspätung an. Die nette Fahrt hielten wir auf Fotos fest, die wir zusammen mit den Nummern austauschten. Also, wer mal seine Nachbarn kennen lernen möchte, sollte mal wieder eine kleine Reise machen!